Zwei Liebende, die am Streit ihrer Familie zerbrechen und ein tragisches Ende wählen. Soweit die Zusammenfassung, die einem zuerst in den Sinn kommt, wenn der Titel „Romeo und Julia“ fällt. Vielleicht erinnert man sich dank des Englischunterrichts auch noch an die Familiennamen – Capulet und Montague. Soweit so gut – doch wer genau mit wem verwandt und verbandelt ist, erschließt manchmal selbst noch der genauen Lektüre nicht. Denn Shakespare war nicht nur einer der größten Schriftsteller aller Zeiten, sondern auch einer der Größten darin, besonders komplizierte Verwandtschaftsverhältnisse zu schaffen.
Deshalb bringen wir nun hoffentlich etwas Licht ins Dunkle. Das Original bietet mit 32 Protagonist*innen allerlei Potenzial zur Verwirrung, die Adaption für den Musicalsommer: ROMEO UND JULIA – AUFBRUCH IN EINE NEUE WELT (von Benedikt Karasek und Günther Fiala) beschränkt sich auf die wesentlichen Hauptfiguren.
So wird etwa Julias Mutter (zumindest) nicht leibhaftig auf der Bühne in Winzendorf erscheinen, dafür jedoch eine andere starke Frauenfigur. Shakespeare-Kenner*innen haben den feinen Unterschied im Stammbaum vielleicht schon bemerkt. Wer nicht, der liest einfach weiter.
Lord Capulet herrscht als Familienoberhaupt über seine Familie, ist nach dem Tod seiner Frau – Julias Mutter – allein geblieben. Seine Tochter Julia wendet sich immer öfter gegen den übermächtigen Vater und findet dabei in ihrer Amme eine treue Unterstützerin. Julias Cousin Tybalt hingegen kommt eher nach dem Onkel, er provoziert immer wieder Streitigkeiten. Allen voran mit Benvolio und Mercutio. Benvolio ist das Spiegelbild Tybalts in der Familie Montague – also Romeos Cousin und Lord Montagues Neffe. Romeo, Benvolio und Mercutio bilden eine Art Trio Infernale, wobei Mercutio keine verwandtschaftlichen Verhältnisse zu einer der Familien pflegt.
Er entstammt einem Zweig der Fürstenfamilie – streng genommen einer dritten Familie, die in dem Zwist der Capulets und Montagues Teil hat. Graf Paris besitzt als Zweitgeborener kein Anrecht auf den Fürstentitel und wird so empfänglich für die Machtgier Lord Capulets. Die Fürstin (richtig gelesen – das Verona des Musicalsommers wird im Gegensatz zur Shakespear’schen Variante von einer Fürstin regiert) ist vor allem um das Wohl ihrer Stadt und Bürger*innen bemüht.
Während die Fürstenfamilie als Hochadel den Capulets und Montagues enthoben scheint, könnten deren Auftreten und Werte konträrer nicht sein. Bereits im Original stehen sich der Überfluss und Exzess der Capulets und der bedächtigen Bescheidenheit der Montagues gegenüber. Somit verwundert es beispielsweise kaum, dass Tybalt als Einzelkämpfer den drei Freunden Romeo, Benvolio und Mercutio gegenübersteht. Dennoch lassen sich nicht alle Familienmitglieder in die entsprechenden Schubladen verbannen. Sowie Ruhe in Resignation enden kann, braucht es vielleicht eine entschlossene Energie, um eine Brücke zwischen beiden Extremen zu schlagen. Wem und ob das gelingen kann, seht Ihr ab dem 03. Juni 2022 beim Musicalsommer Winzendorf.
Zum Nachlesen:
https://www.nosweatshakespeare.com/blog/montagues-and-capulets/